Alkoholtherapie auf der Saualpe
Gandhi – über die Alm weg vom Saufen
Gandhi, ein Linzer Original, das früher auf allen Kirtagen und besonders am Urfahraner Jahrmarkt als Schaustellergehilfe zuhause war, beschloss endgültig mit dem Alkohol Schluss zu machen. Er ging für ein Jahr zur Therapie nach Kärnten auf die Saualpe. Zurück in Linz zeigte er beim Interview mit Kupfermuckn, dass ihm auch nüchtern der Schmäh noch nicht ausgegangen ist.
Vor zwei drei Jahren beschloss ich mit dem Alkohol Schluss zu machen und auf Langzeittherapie zu gehen. Damals lebte ich noch auf der Strasse und so kam es nie dazu. Über die Obdachlosenstreetworker kam ich dann in eine Wohngemeinschaft des Vereines B 37. Dort habe ich mein eigenes Zimmer, etwas das mir bleibt und dafür zahlt es sich aus, mit dem Alkohol aufzuhören.
Alex von den Streetworkern organisierte für mich einen Platz auf der Saualpe in Kärnten im Therapiezentrum AGIL. Der Leiter kam extra nach Linz zu einem Erstgespräch, da war ich aber leider gerade besoffen. Danach hieß es, ich muss zuerst ins Wagner Jauregg Krankenhaus zur Entgiftung. Bei einem weiteren Gespräch im Jauregg, bekam ich schließlich die Zusage für die Therapie. Am 29. April 2009 wurde ich sogar mit dem Auto abgeholt, weil man für ein ganzes Jahr ja viele Sachen mitnehmen muss. Am Tag danach hatten wir auf der Saualpe 10 cm Neuschnee zur Begrüßung. Bei der Aufnahme wurde gemeinsam die Hausordnung durchgeschaut. Vier Wochen lang darf man nicht alleine von der Saualpe weg, nur mit einem Betreuer. Das nächste Dorf ist elf Kilometer entfernt. An den Alkohol dachte ich kaum, aber man wird in der Fernsehwerbung, in der Zeitung und eigentlich überall mit dem Thema konfrontiert. Nach acht Wochen gibt es den ersten Tagesausgang und zwei Wochen später war der erste Heimaturlaub möglich. Da besuchte ich in Linz die Kupfermuckn und die Streetworker.
Auf der Saualpe gab es verschiedene Therapien: Sport, Ergotherapie, soziales Kompetenztraining, kognitives Training. Jeder muss bei der Reinigung mithelfen, die schon länger dort waren, bekam einen fixen Job. Ich war bei der Hauwäsche und habe Bettwäsche, Tischtücher Handtücher und was es sonst noch so gab gewaschen. Abwechselnd hat jeden Tag einer als Beikoch in der Küche mitgeholfen. Ich hab mich immer am Wochenende gemeldet, da hatte die Köchin frei. Da gab es Gulasch, Cordon Bleu und so weiter. Am Faschingdienstag habe ich draußen gegrillt. Es war zwar kalt und es schneite, doch im Freien hatte ich meine selige Ruh von den lästigen Mitbewohnern. Ich habe mich aber mit allen gut verstanden, aber kleine Meinungsunterschiede gibt es ja überall. Darüber hinaus habe ich die Betreuerinnen darum gekümmert, dass man auch gesundheitlich wieder in Schwung kommt. Wenn man Zähne oder eine neue Brille brauchte, dann wurde das organisiert.
„Rückfall – Im Zug trank ich alles aus und der Depp war perfekt. In Linz am Bahnhof ging es bei den Löwen gleich weiter.“
Zeitlich gab es einen Wochenplan. Aufstehen war zwischen sechs und sieben Uhr. Dann musste man spazieren gehen, das war die Morgenrunde. Um sieben Uhr gab es Frühstück und danach war Tablettenausgabe. Um acht Uhr wurde in einer Morgenrunde der Tagesablauf verkündet. Unter Woche gab es den ganzen Tag Programm: Arztbesuch, Therapie, um 12 Uhr gab es Mittagessen und um sechs Uhr Abendessen. Am Samstag konnten wir nach Klagenfurt zum Einkaufen mitfahren. Am Sonntag fuhren wir öfter zu Flohmarkt, dort kaufte ich mir einen gebrauchten Fernseher. Am Wochenende gab es öfter einen Ausflug.
Im Jänner hatte ich einen Rückfall, da hatte alles zusammen gepasst. Mit der Betreuerin und auch dem Arzt gab es Ärger und selber mochte ich mich auch nicht mehr. Ich hätte mich in den Arsch beißen können. Ich hatte Wochenendausgang und der Betreuer fuhr mich zum Bahnhof. Dort ging ich zum Billa eine Jause kaufen. Bei der Kasse musste ich lange warten. Dort stand dann der „Leibwächter“ (Magenbitter) und ich kaufte mir ein kleines Fläschchen. Dann musste ich auf den Zug warten und ging noch mal zurück, diesmal kaufte ich gleich mehrere Leibwächter und ein paar Dosen Bier. Im Zug nach Linz trank ich alles aus und der „Depp“ war perfekt. In Linz am Bahnhof ging es bei den Löwen gleich weiter mit den alten Bekannten. Nach einer Stunde fuhr ich nach Hause. Am nächsten Tag hatte ich einen Termin bei der Alkoholberatungsstelle. Ich wollt zuerst nicht hin, hatte mich dann aber überwunden. Die Betreuerin machte einen Alkotest 0,87 Promille. Dann fuhr ich in mein Zimmer und sperrte mich bis zur Rückfahrt ein. Es ging mir dreckig und ich hatte ein schlechtes Gewissen.
Ich war mir zuerst nicht sicher, ob ich auf die Saualpe zurückfahren sollte. Da wäre ich aber gleich wieder im alten Trott drinnen gewesen und ich war froh, als ich dann doch wieder hinfuhr. Am Montag beichtete ich gleich bei der Einzellbetreuerin und es war gar nicht so schlimm, es gab keine Konsequenzen. Im Gegenteil, ich wurde ruhiger und war nicht mehr so aggressiv, wenn mir irgendetwas nicht gepasst hat. Danach ging es mit mir bergauf und die Therapie schlug gegen Ende der Zeit so richtig an. Ich wollte gerne noch ein oder zwei Monate verlängern, aber die Betreuer meinten, es passt schon, wo ich hingekommen bin. Zum Abschied grillte ich am Sonntag für alle und sogar die Betreuer kamen, die am Sonntag frei hatten. Mit gemischten Gefühlen fuhr ich wieder heim nach Linz. Mein Zimmer in der Wohngemeinschaft habe ich noch immer.
Jetzt bin ich mir sicher, dass ich den Alkohol sein lassen werde. Die ersten Monate werden die schwierigsten sein. Ich war sogar schon kurz beim Urfahraner Jahrmarkt, wo ich viele Jahre als Schaustellergehilfe gearbeitet hatte und ich schaffte es beim Almdudler zu bleiben. Besonders bedanken möchte ich mich für die großartige Hilfe des Betreuerstabes von AGIL Therapiezentrum, mit einem besonderen Gruß an „Lala“.