Alkoholkrankheit ist nicht heilbar, man kann sie nur durch lebenslange Abstinenz zum Stillstand bringen. Leider vergessen Entwöhnte nicht, dass ihnen der Alkohol früher einmal angenehme Gefühle verschafft hat oder sie vermuten; dass nach einer gewissen Zeit der Abstinenz ein normaler Umgang mit Alkohol – also kontrolliertes Trinken – möglich sei. Letzteres trifft aber nur bei einer vernachlässigbar geringen Zahl von Alkoholkranken zu und führt in praktisch allen Fällen zu Rückfall. Das bedeutet, dass die früher praktizierten Trinkmuster schnell wieder aufleben. Meist bereitet Rückfälligen zwar der Konsum von Alkohol wenig Genuss, die Abhängigkeit von der Wirkung des Alkohols stellt sich jedoch sehr rasch wieder ein.

Nicht selten berichten Alkoholkranke, die einen Rückfall erleiden, dass die Menge des getrunkenen Alkohols sehr rasch steigt – wie wenn ein Aufholbedarf zu befriedigen wäre. Aber auch stufenweise Rückfälle mit dazwischenliegenden immer kürzer werdenden Abstinenzperioden sind möglich oder „schleichende“ Rückfälle, die mit Versuchen, kontrolliert zu trinken, beginnen. Das kann oft längere Zeit funktionieren, bis der Wunsch nach „mehr“ so stark wird, dass das alte Trinkverhalten wieder auflebt.

Rückfälle können sehr verschieden beginnen:

  • Wie oben beschrieben – der Irrtum, wieder kontrolliert trinken zu können
  • Die ebenfalls irrige Annahme, ein Gläschen könne schon nicht schaden
  • Der bewusste Konsum alkoholhaltiger Speisen (z.B. Eisbecher) oder die Einnahme alkoholhaltiger Medikamente (z.B. homöopathische Tropfen)
  • Der Konsum vermeintlich alkoholfreier Getränke (Bier, Wein, Sekt), die aber – ohne auf der Verpackung darauf hinweisen zu müssen – geringe Mengen Alkohol enthalten (Bier) oder zumindest geschmacklich dem alkoholhaltigen Original sehr ähnlich sind

Betroffene sollten so rasch als möglich den Rückfall unterbrechen, sich also wieder in Behandlung begeben. Ob die Unterbrechung durch Gespräche mit Therapeuten, durch Besuch einer Selbsthilfegruppe oder nur durch eine stationäre Maßnahme gelingt, ist nicht zuletzt von der Dauer und der Intensität des Rückfalles abhängig. Je eher etwas unternommen wird, desto besser.

Rückfällige Alkoholkranke neigen zum Rückzug, zur Verleugnung des Geschehenen und zur Flucht vor Vorwürfen. Angehörige sollten dem rückfälligen Alkoholkranken daher nicht mit Vorwürfen begegnen (die macht er sich vermutlich ohnehin selbst), sondern ihn unterstützen, sofort wieder von neuerlichen Trinken loszukommen.

In Selbsthilfegruppen nimmt das Thema „Rückfall“ breiten Raum ein. Entwöhnte Abhängige können jederzeit mit anderen Betroffenen, aber auch mit den ärztlichen und psychologischen Betreuern über ihre Ängste oder über ihre Wünsche nach z.B. kontrollierten Trinkversuchen offen sprechen. Die Gespräche über Rückfallgefährdung und Rückfallerfahrungen anderer Betroffener ermöglichen es, Rückfälle nicht als verwerfliche Ereignisse zu sehen, deren Eintritt man möglichst verleugnen oder verdrängen muss. Das wiederum soll gewährleisten, dass Rückfällige rasch und ohne Angst vor Vorhaltungen Hilfe in Anspruch nehmen.